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Digitale Innovationen für die berufliche Aus- und Weiterbildung

Konzeption digitaler Lernangebote

Analyse der Ausgangssituation im Unternehmen

Bei der Übertragung der drei Dimensionen Lerninhalte, didaktische Methoden und Technologien auf die Konzeption digitaler Lernangebote ist insb. darauf zu achten, dass das Lernangebot auf die Anforderungen der Mitarbeiter zugeschnitten ist. Dabei kann es sich bspw. um eine unterschiedliche Herangehensweise für jüngere und ältere Mitarbeiter handeln. Auch kann für einige Teilnehmer des Lernprogramms eine ausgiebigere Einführung nötig sein. Die Einstiegshürden vor allem für neue Nutzer sollten demzufolge niedrig sein, so dass eine schnell nachvollziehbare Einführung neuer Lernformate möglich ist. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass unterschiedliche technische Vorkenntnisse existieren. Deswegen ist die Nutzerfreundlichkeit der digitalen Medien und Lernformate („User Experience“) wichtig, damit eine motivierende Lernumgebung geschaffen wird. Nicht zuletzt sollte das Konzept so gestaltet sein, dass geschlechtsspezifische oder kulturell bedingte Hintergründe für die Teilnehmer im Blick sind. Für Trainer oder Ausbildungsleiter ist schließlich relevant, dass sich Inhalte leicht einpflegen und verwalten lassen, sodass man diese schnell an neue Gegebenheiten anpassen kann.

Bezogen auf die drei definierten Dimensionen müssen darüber hinaus folgende Fragen beantwortet werden:

  • Lerninhalte: Welche Lerninhalte sind Bestandteil der betrieblichen Aus- und Weiterbildung? Wie sind die einzelnen Lerninhalte kategorisiert? Gibt es eine differenzierte Aufbereitung der Lerninhalte im Hinblick auf die Heterogenität der Zielgruppe? Wie wird der Lerntransfer sichergestellt?
  • Technologien: Welche technologischen Lehr- und Lernformate werden aktuell in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung eingesetzt? Wie ist das Verhältnis zwischen digitalen und analogen Lehr- und Lernformaten? Welche technologischen Voraussetzungen gibt es an den unterschiedlichen Projektstandorten?
  • Didaktische Methoden: Werden bei der Umsetzung der Lerninhalte didaktische Prinzipien berücksichtigt (z.B. Differenzierung, Individualisierung)? Welche konkreten Methoden werden eingesetzt (z.B. interaktives oder experimentelles Lernen)? Sind die Trainings von einem eher induktiven oder deduktiven Vorgehen geprägt?

Entwicklung einer Anforderungsanalyse

Gemeinsam mit der Analyse der Ausganssituation dient die Anforderungsanalyse der Erstellung von umsetzungsfähigen Lösungsansätzen für ein digitales Lernprogramm. Bei der konkreten Umsetzung muss beachtet werden:

  • Innovationsgrad: Berücksichtigung innovativer Lernformate bei gleichzeitiger Verdeutlichung ihres Mehrwerts im konkreten Projektkontext (z.B. Experience-based Learning); Vermittlung von Kompetenzen zur Beherrschung aktueller Anwendungen und Tools.
  • Verfügbarkeit des digitalen Lernprogramms: Möglichkeit zur Anpassung an Spezifika innerhalb des Unternehmens; Berücksichtigung interkultureller Unterschiede; endgeräte- und ortsunabhängige Aufbereitung der Lerninhalte je nach Voraussetzung im Unternehmen.
  • Flexibilität des digitalen Lernprogramms: Möglichkeit zur Integration spezifischer Inhalte aus dem Arbeitsalltag der Zielgruppe; Differenzierung der Trainings im Hinblick auf das technologische Vorwissen der Zielgruppe; Kombination verschiedenartiger Tools.
  • Soziale Faktoren: Förderung der professionellen Zusammenarbeit in Teams durch die Nutzung digitaler Lernformate; Integration von Kollaborationsformaten zur Förderung des gemeinsamen Austauschs und zum Aufbau von Vertrauen in Team und Technologie.

Alle Vorschläge müssen auf Basis der zu erreichenden Ziele auf ihre Integrierbarkeit in vorhandene Aus- und Weiterbildungsszenarien von Unternehmen überprüft werden. Dies geschieht insb. unter Berücksichtigung interner und externer Rahmenbedingungen (z.B. Rechtsvorschriften, Identifikation von sachlich und wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen).

Innovative digitale Lernprogramme – aber nicht um jeden Preis!

Innovative digitale Lernangebote können ein Lernen ermöglichen, das nachhaltig, innovativ sowie kompetenzorientiert ist und das die Mitarbeiter zum Weiterlernen motiviert – allerdings nicht um jeden Preis. Wichtig ist vielmehr, dass die sinnvolle Verbindung von Didaktik, Methodik und Technologie tatsächlich ein effizienteres Lernen ermöglicht und die Mitarbeiter dies auch erkennen. So müssen die Lerninhalte bspw. dahingehend analysiert werden, inwieweit sie sich überhaupt für eine Transformation in ein digitales Lernformat eignen. Gleiches gilt für die Auswahl eines geeigneten Lernformats. Denn es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Technologien und Tools, die in Lernkontexten eingesetzt und beliebig mit Inhalten kombiniert werden können. Scheinbar im Handumdrehen entstehen auf diese Weise Grafiken, Quizzes oder Stop-Motion-Videos. Bei genauer Analyse der Endergebnisse stellt sich jedoch nicht selten die Frage nach deren Sinn, z.B.: Wird tatsächlich ein Memory benötigt, um die Inhalte einer Vertragsverhandlung zu sichern? Welche Vorteile hat das Erklärvideo zum Thema Problemlösestrategien, wenn darin lediglich ein paar Power-Point-Folien abgefilmt werden?

Deutlich wird schnell: Technologisch möglich ist vieles, aber die Entscheidung zu treffen, was auch didaktisch sinnvoll ist und das Lernen fördert, ist eine Herausforderung. Im Einzelfall geht es auch darum, sich bewusst gegen ein Tool zu entscheiden, wenn es nicht der Vermittlung von Lerninhalten und den damit im Zusammenhang stehenden Kompetenzen dient.

Ein Beitrag von Prof. Dr. Julia Knopf, begleitend zur Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre BNW“ am 18.09.2019.

Die Präsentation können Sie hier herunterladen:
Vortrag „Digitale Innovationen für die berufliche Aus- und Weiterbildung“

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