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Kurzarbeitergeld beantragen: Was gibt es zu beachten?

In der Corona-Krise stellen sich für die Beschäftigten in den Personalabteilungen viele Fragen rund um Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld. Wie können sie Kurzarbeitergeld beantragen und was gibt es zu beachten? Trotz der Finanzkrise im Jahr 2008/2009 haben laut Agentur für Arbeit Hannover rund 90 Prozent der Unternehmen und Lohnbüros erstmalig mit dem Verfahren zu tun und daher wenig Erfahrung.

Wie es funktioniert, Kurzarbeitergeld zu beantragen, das weiß Joachim Sukop ganz genau. Der ehemalige Personalleiter bringt 23 Jahre Erfahrung in der Personalwirtschaft mittelständischer Unternehmen aus Handel, Dienstleistung und Industrie mit und arbeitet inzwischen als selbstständiger Dozent und Trainer – unter anderem für das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW). Zum Thema Kurzarbeitergeld beantragen hat Joachim Sukop der BNW-Redaktion ein Interview gegeben.

 

Herr Sukop, welche Voraussetzungen muss ein Betrieb erfüllen, um Kurzarbeitergeld beantragen zu können?

Kurzarbeitergeld beantragen: Was gibt es zu beachten?

Die erste Voraussetzung ist, dass für ein Zehntel der Belegschaft jeweils mindestens zehn Prozent weniger Arbeit vorhanden ist. Das hat sich im März 2020 gegenüber der Vergangenheit geändert. Vorher betrug die Zahl ein Drittel. Die Hürde für Unternehmen ist also gesenkt worden. Das stellt aus meiner Sicht eine erhebliche Erleichterung für Betriebe und Beschäftigte in den Personalabteilungen dar. Die 10 Prozent beziehen sich auf den gesamten Betrieb oder einzelne Organisationseinheiten.

Wenn einzelne Teile der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt werden, dann dürfen die Organisationseinheiten also nicht spontan gebildet worden sein. Ein gängiges Beispiel: Die Buchhaltung und das Personalwesen arbeiten weiter wie vorher, doch für die Produktion und Logistik kann das Unternehmen vorübergehend Kurzarbeit beantragen.

Die zweite Voraussetzung, um Kurzarbeitergeld zu beantragen: Die Möglichkeit von Kurzarbeit muss mit dem Betriebsrat im Haus vereinbart werden oder im Arbeitsvertrag vorgesehen sein. Die Vereinbarung mit dem Betriebsrat wird in der Regel in einer Betriebsvereinbarung festgehalten. Wenn es in einer Firma keinen Betriebsrat gibt, dann müssen mit jeder einzelnen Arbeitnehmerin und jedem einzelnen Arbeitnehmer, für die Kurzarbeitergeld beantragt werden soll. Einzelvereinbarungen getroffen werden.

 

Wir veröffentlichen Ihr Interview ja unter der Rubrik Zusammenarbeit gestalten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten aber in den meisten Fällen verständlicherweise gar nicht in Kurzarbeit geschickt werden. Warum erfordert diese Situation dennoch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Beschäftigten?

Kurzarbeit ist nichts anderes als ein Mittel der Arbeitsmarktpolitik, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Daran haben die Mitarbeiter*innen natürlich dasselbe Interesse wie der Betrieb. Nehmen wir diesen Fall: Wenn ein Arbeitnehmer die Einzelvereinbarung für die Kurzarbeit nicht unterschreiben möchte, dann muss der Betrieb zunächst andere Möglichkeiten nutzen – wie Zeitguthaben und Urlaub abzubauen. Sind diese Mittel jedoch ausgeschöpft, dann bleibt nur die Kündigung.

Was den Abbau von Urlaubs- und Zeitguthaben angeht, haben wir es im Jahr 2020 mit einer besonderen Situation zu tun. Die Krise begann im März. Zu dieser Zeit lagen in den Personalabteilungen bereits einige bewilligte Anträge auf Urlaub vor. Handelt es sich um Resturlaub 2019, dann müssen diese Tage abgebaut werden, bevor die Firmen Kurzarbeitergeld beantragen. Für den Urlaubsanspruch 2020 gilt dies nur teilweise.

 


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Kurzarbeitergeld beantragen

In der Corona-Krise steht es auf dem Arbeitsplan vieler Personalabteilungen: das Kurzarbeitergeld. Um die Systematik einmal zu verstehen und künftig sicher und zeitsparend anzuwenden, bieten sich für Personalabteilungen Online-Trainings zum Thema Kurzarbeitergeld beantragen an.

 

Wie können Firmen Kurzarbeit anzeigen, verrechnen und was gibt es zu beachten, wenn es verbucht wird?

Der wesentliche Unterschied zum Arbeitslosengeld ist, dass sich die Unternehmen um die Leistungsbewilligung kümmern. Sie rechnen das Kurzarbeitergeld direkt mit der Agentur für Arbeit ab, nachdem sie es an die Beschäftigten ausgezahlt haben. Der Arbeitgeber beantragt das Kurzarbeitergeld ab dem Monat, in dem die Kurzarbeit in der Firma begonnen hat. Es gilt dann auch für bis zu drei Monaten rückwirkend, d.h. bis spätestens Ende Juli 2020 muss das gezahlte Kurzarbeitergeld aus dem April vom Arbeitgeber zur Erstattung beantragt werden.

Wichtig ist, dass die Personalabteilungen den Unterschied zwischen Antrag und Leistungsabrechnung von Kurzarbeitergeld kennen. Entgegen vieler Meinungen ist der Antrag bei der Agentur für Arbeit nicht komplex. Bei diesem Antrag handelt es sich lediglich um ein Formular von 2 Seiten. Beim Leistungsantrag listen Personalerinnen und Personaler in der Anlage die einzelnen Arbeitnehmer auf, für die sie Kurzarbeitergeld beantragen wollen. Das wird üblicherweise mit dem Lohnabrechnungsprogramm erledigt. Sie erhalten jeweils einen Erstattungsbescheid und die Leistung von der Agentur für Arbeit überwiesen.

Im Unterschied zum erstmaligen Antrag muss der Erstattungsantrag für das ausbezahlte Kurzarbeitergeld monatlich erfolgen. Dieser Vorgang ist abhängig vom Umfang der Kurzarbeit. Die bei der Agentur per Post, per E-Mail oder direkt über die Homepage der Agentur für Arbeit eingereichten Unterlagen wei­sen das Kurzarbeitergeld und zusätzlich den Anteil der Sozial­versicherungsbeiträge aus.

An dieser Stelle wird es kompliziert im Vergleich zur üblichen Gehaltsabrechnung: Arbeitnehmer erhalten zunächst 60 Prozent ihres Nettolohns für die ausfallende Arbeitszeit, wenn sie Kurzarbeit machen müssen. Wenn sie Kinder versorgen, dann beträgt das Kurzarbeitergeld in den ersten Monaten 67 Prozent des Nettolohns. Ab dem vierten Monat des Bezugs steigt das Kurzarbeitergeld dann gestaffelt an, wenn der Arbeitsausfall durch das Kurzarbeitergeld mehr als 50% beträgt.

Die eigentliche Krux liegt aber bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Das Kurzarbeitergeld ist prinzipiell steuer- und sozialversicherungsfrei. Wenn Mitarbeitern das Arbeitsentgelt jedoch brutto gekürzt wird, dann werden auch weniger Rentenbeiträge abgeführt. Das führt später zu geringeren Renteneinkünften für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld. Deswegen muss der Arbeitgeber den Differenzbetrag von 80% der vorher abgeführten Sozialversicherungsbeiträge begleichen.

Wie so oft steckt hier der Teufel im Detail, denn recht kompliziert wird es, wenn der Mitarbeiter während der Kurzarbeit krank wird, Lohnfortzahlung bezieht oder – bei längerer Krankheit – Krankengeld.

 

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Warum ist Bildung in Zeiten von Kurzarbeit eigentlich Geld wert?

Das wichtigste Argument für Arbeitgeber gilt gleichzeitig auch -fast- für Arbeitnehmer: Während der Kurzarbeit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohnehin zu Hause. Diese Zeit können Sie mit Online-Seminaren gut nutzen. Aus Sicht der Unternehmen fällt die Arbeitszeit, die für Fortbildungen aufgewendet werden muss, weg. Auch die Fahrtkosten entfallen. Ich betonte, dass es die Arbeitgebersicht ist. Jedoch profitieren von einer Weiterbildung immer mindestens beide Seiten – neben unserer Wirtschaft. Arbeitnehmer belegen Weiterbildungen auch für sich selbst. Aktuell können sie Seminare vorziehen, die im Herbst stattgefunden hätten. Dann sind sie vorbereitet, wenn die Wirtschaft wieder anzieht.

 

Zum Schluss noch eine Frage aus Sicht der Arbeitnehmer: Gibt es auch für die Arbeitnehmer Besonderheiten zu berücksichtigen?

Ja, das Kurzarbeitergeld ist zwar grundsätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei. Aber in der Einkommensteuerberechnung durch das Finanzamt am Jahresende führt das Kurzarbeitergeld als sogenannte Lohnersatzleistung zum sogenannten Progressionsvorbehalt. In der Regel resultiert daraus, dass die steuerpflichtigen Einkünfte der Arbeitenehmer höher besteuert werden. Das wiederum führt meist zu einer Steuernachzahlung der Arbeitnehmer. Das sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden.

*Gemeint sind in diesem Text immer alle, egal ob weiblich, männlich oder divers

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