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Development Center: Ablauf & Beispiele

von Julia Theiler

Ein Development Center lässt sich grundsätzlich mit dem bekannteren Assessment-Center vergleichen, welches in der Personalauswahl für freie Positionen – meist Führungspositionen – im Unternehmen eingesetzt wird. Auch hier bearbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorgegebene Aufgaben, entwickeln Lösungswege für definierte Probleme und agieren in Rollen innerhalb vorgegebener Szenarien. Das tun sie abwechselnd individuell oder auch in kleinen Gruppen. Verhalten, Leistung und Ergebnisse werden dabei durch Dritte – in der Regel geschulte Beobachterinnen und Beobachter erfasst und anhand definierter Skalen bewertet, um ein möglichst authentisches Bild der Kandidaten und ihrer Eignung zu erhalten.

Development-Center vs. Assessment-Center

Development Center bei einem Kunden des BNW

Präsentation von Übungsergebnissen bei einem Firmenkunden des BNW

Die Besonderheit des Development Centers besteht nun darin, dass es nicht darum geht, externe Kandidaten für das Unternehmen auszuwählen, sondern die Potenziale eigener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offen zu legen, um sie optimal in ihrer Entwicklung zu fördern und ihren Kompetenzen und Stärken gemäß in bestimmten Positionen und Laufbahnen einsetzen zu können.

In vielen Unternehmen sind kontinuierliche und zielgerichtete Entwicklungsmaßnahmen des eigenen Talentpools unverzichtbar geworden – gerade dort, wo der externe Personalmarkt für Fach- und Führungskräfte sehr eng ist. Zudem sind Fehlentscheidungen in der Besetzung hochqualifizierter Stellen und verantwortungsvoller Führungspositionen in der Regel teuer und für beide Seiten – Unternehmen wie Mitarbeitende – sehr frustrierend.

Potenzial erkennen, es binden und bestmöglich im Unternehmen zur Entfaltung bringen – dafür steht das Development-Center. Für HR-Abteilungen vieler mittlerer und großer Unternehmen ist ein Development-Center daher das Mittel der Wahl.

Wie läuft ein Development Center ab?

Nachfolgend geben wir Ihnen ein Beispiel aus unseren Seminaren, mit der freundlichen Freigabe des Unternehmens Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF). Die ANF ist eine Tochter der Framatome GmbH. Sie fertigt am Firmensitz in Lingen seit mehr als 40 Jahren Brennelemente für Druckwasser- und Siedewasserreaktoren sowie Spezialprodukte wie Pulver und Tabletten. Zum Portfolio des High-Tech-Standortes gehören zudem spezielle Kompetenzen in der Entwicklung von Technologie-Lösungen sowie die Schulung von kerntechnischem Fachpersonal aus dem In- und Ausland. Im Werk Lingen arbeiten rund 320 Facharbeiter, Techniker und Ingenieure in hoch qualifizierten Berufen und unterschiedlichen Bereichen, z.B. Engineering, Produktionssteuerung, Sicherheit, Führung und Management.

Development Center bei einem Kunden des BNW
Das Organisationsteam der ANF (v.l.n.r) Elisa Albers (Werkstudentin), Winfried Reiprich (Personalleiter), Karin Reiche (BU Support).
Development Center bei einem Kunden des BNW
Unter Beobachtung: Die Gesprächsführung in einem Development Center.

Nachdem das Unternehmen über die Muttergesellschaft in Erlangen positive Erfahrungen mit einem Development-Center gesammelt hatte, das Angebot dort aber nicht fortgeführt wurde, nahm der ANF-Personalleiter Winfried Reiprich Kontakt zum Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) auf, um eine eigenständige regionale Lösung umzusetzen: „Wir wollten für das Lingener Werk, aber auch für die Kolleginnen und Kollegen des Standortes Karlstein, ein qualitativ gutes und organisatorisch schlankes Konzept umsetzen. Unsere Prioritäten: Einsatz wissenschaftlich fundierter Methoden – aber nicht zu „abgehoben“, so dass unsere internen Zielgruppen – vorwiegend Ingenieure und Techniker – mit konkreten Nutzenargumenten für die Teilnahme zu gewinnen sind“, sagte Reiprich.

Ziele von Development Centern

Bevor das interne Assessment bzw. Development Center bei der ANF startete, legten das Unternehmen und der Seminaranbieter BNW genaue Ziele im persönlichen Gespräch fest. Das Development Center sollte Indikatoren liefern, die die weitere Entscheidung hinsichtlich der Fach- oder Führungslaufbahn erleichtern. Dafür galt es, individuelle berufliche Talentmerkmale (insbesondere Stärken, Kompetenzen und Fähigkeiten) zu Tage zu fördern.

Karin Reiche aus dem Personalteam der ANF betont: „Die Kriterien und Bewertungsmerkmale sollten den Kandidaten nicht einfach ohne Feedback übermittelt werden, sondern für die Teilnehmer nachvollziehbar sein und sich aus der Berufspraxis ergeben.“ Alle Ergebnisse sollten sowohl für Führungskräfte als auch Mitarbeiter in künftigen internen Entwicklungsgesprächen als Handreichung und Orientierungshilfe verfügbar sein.
Planung von Development Centern

Auf Basis einer ersten Konzeptskizze und vieler Gespräche mit den Verantwortlichen von ANF erarbeitete der BNW-Personalexperte und Trainer Dirk H. Verlande einen ersten Ablaufplan und trug die erforderlichen Informationen und Anforderungen zusammen.

Verlande erläutert: „Wir haben das kundeneigene Leadership-Modell in das Zentrum der Entwicklung gestellt und die fünf Kompetenzsäulen des Modells ‚Strategische Orientierung‘, ‚Kundenorientierung‘, ‚Management von Veränderungen‘, ‚Kommunikation und Netzwerken‘ sowie ‚Innovationsfähigkeit/Kreativität‘ in greifbare Teilkompetenzen heruntergebrochen“.

Aus diesen Teilkompetenzen waren jeweils Beobachtungsmerkmale (Deskriptoren) für das Development Center abzuleiten. Es folgte die Auswahl geeigneter Übungen, Aufgaben und Szenarien sowie die Ausarbeitung eines Zeitplans. „Maßgeblich für das Gelingen des Development Centers war auch die Auswahl und Schulung geeigneter Beobachter“, ergänzt Verlande. Neben dem Lingener ANF-Personalteam Winfried Reiprich und Karin Reiche konnten dafür auch weitere Führungskräfte des Unternehmens gewonnen werden. Zudem wurde festgelegt, wie die Ergebnisse zusammengetragen, aufbereitet und kommuniziert werden sollen. Auf dieser Basis galt es, den Gesamtablauf, die Vorbereitung der einzelnen Stationen und die Auswertungsunterlagen des Development Centers auszuarbeiten.

Allen Beteiligten war wichtig, dass die Teilnehmer jede Übung in vertrauensvoller und wertschätzender Atmosphäre durchführen. Daher stand die größtmögliche Transparenz des Verfahrens an oberster Stelle. Ein moderiertes „Get-together“ der Kandidaten und Beobachter sowie ein gemeinsames Abendessen mit Gelegenheit zum Austausch mit der Unternehmensleitung trug ebenfalls zur Akzeptanz des Development Centers bei.
Ablauf eines Development Centers

Wenn ein Development Center gemeinsam mit dem Bildungspartner gut geplant wurde, die Zielsetzungen also geklärt sind und die Kandidaten ausgewählt, dann ist der eigentliche Ablauf überschaubar:

  • Schulung der Beobachter aus dem Kreis der Führungskräfte
  • In diesem Rahmen: Detaillierte Erläuterung der Ziele, die das Unternehmen mit dem Development Center verfolgt
  • Durchführung der Aufgaben und Szenarien, dabei laufende Notizen und Auswertungsphasen durch die Beobachter
  • Abschlussrunde mit individuellem Feedback für die Kandidaten – und mit einer Rückmeldung von den Teilnehmenden
  • Übermittlung der Ergebnisse und Empfehlungen in individuellen schriftlichen Kurzreports durch den Trainer

Erfolg eines Development Centers

„Ein gut funktionierendes Development Center ist immer individuell, vorbereitungsintensiv und lebt von einem eingespielten Team aus Moderation, Beobachtern sowie erprobten, methodisch angeleiteten Abläufen“, sagt BNW-Personalexperte Verlande. Dabei gilt es, Kundenerfordernisse und die Besonderheiten der internen Zielgruppen im Unternehmen einzubeziehen. Nachfolgend eine Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren:

  • Das gesamte Verfahren muss durch Akzeptanz bei allen Mitwirkenden und Beteiligten geprägt sein: Führungskräfte, Kandidaten und Auftraggeber müssen durch rechtzeitige Information und Transparenz sowie von der Ergebnis- und Feedbackqualität überzeugt werden
  • Die jeweils zu beobachtenden Kompetenzen müssen klar und deutlich identifiziert und für die Beobachter eindeutig beschrieben werden. Die Programmpunkte des Development Centers müssen dann auf das jeweilige Anforderungsprofil genau abgestimmt sein
  • Der gesamte Prozess von Beobachtung, Dokumentation und Bewertung muss durch weitestgehende Neutralität, Objektivität und Verlässlichkeit der Ergebnisse geprägt sein, um belastbare Aussagen für die Kandidaten und die Personalentwicklung zu generieren

Development Center: Fazit

Ein Development Center (DC) hat die Funktion, Potenziale von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erkennen, um diese zielgerichtet zu fördern, die Selbstreflexion zu stärken und sie für Aufgabenfelder optimal einzusetzen. Ähnlich wie in einem Assessment Center durchlaufen die Teilnehmer dafür unter Beobachtung unterschiedliche Stationen wo sie einzeln oder in Gruppen Übungen, Aufgaben, und Szenarien bearbeiten. Nach dem Development Center liegen detaillierte, handhabbare und aussagekräftige Einschätzungen zu den Potenzialen der teilnehmenden Führungskräfte und Mitarbeiter vor. Damit kann die Personalentwicklung auf eine tragfähige Grundlage gestellt werden und die Mitarbeitermotivation steigt.

Seminartipp

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